Lackfolienbilder – Text von Charlotte Kærgaard Oldenburg

terrarium

Welche Assoziationen verbinden Sie mit dem Wort „Lackfolie“? Ich jedenfalls war schon gedanklich auf dem Weg zur Reeperbahn – zur „Boutique Bizarre“. Und deshalb wusste ich auch nicht so richtig, was ich davon halten sollte, als Ulla Lohmann zu mir sagte „ich glaube, das ist ’was für dich“.
Aber liebe Ilka, auch wenn du schwarze Lackfolien-Objekte gemacht hättest, wäre es mir eine Freude gewesen darüber zu sprechen.


Ilka Vogler fing schon während ihres Kunststudiums an, mit verschiedenen außergewöhnlichen Materialien zu experimentieren. Eine Zeitlang arbeitete sie mit PVC (wie Sie auch auf den Scherenschnitten vorne am Eingang sehen können). Sie spannte das PVC wie eine Leinwand, merkte aber schnell dass das Material nicht flexibel genug ist und entdeckte dann die Lackfolie.

Auch die Lackfolie spannt Ilka Vogler selber auf einen Rahmen – wir können uns alle vorstellen, wie schwierig es ist, eine glatte Oberfläche hinzubekommen. Sie legt dann die Quasi-Leinwand auf den Fußboden und kniet beim Malen davor. Es ist harte physische Arbeit. Überhaupt ist es ein harter und schwieriger Prozess für Ilka Vogler ein Bild zu malen, aber auch zugleich eine Befreiung.

Ilka Vogler ist eine Künstlerin immer auf der Suche und mit einer großen Sehnsucht. In Ihren Bildern sehen Sie oft die Worte „where to go?“ in verschiedenen Sprachen. In dieser Ausstellung ist das bei den Glasarbeiten im Büro zu sehen. Und genau diese Sehnsucht, die Ilka Vogler damit ausdrückt, ist ihr „Drive“ neue Materialien und neue Ausdrucksformen zu suchen und zu entdecken.

Was wäre, wenn Ilka Vogler eines Tages findet, wonach sie sucht? Würde sie dann ihren Drive verlieren? Ich glaube, dass die Sehnsucht, die sie verspürt, sie zu der außergewöhnlichen Künstlerin macht, die sie ist.

Ilka Vogler macht es sich nie leicht, wie Sie an ihrer Wahl von Materialien sehen können. U.a. beschäftigt sie sich sehr gerne mit Rauminstallationen, bei denen sie sich jedes Mal auf einen neuen Raum einstellen muss. Bei der Nutzung der Lackfolien hat sie einen Weg gefunden eine Art Rauminstallation auf „Leinwand“ zu bringen. Durch die Spiegelung auf dem Lackfolien-Hintergrund bezieht sie den Raum – und den Betrachter – in ihren Bildern mit ein.

Auch die Farbe der Lackfolie spielt in den Bildern eine große Rolle – bestimmte Farben verbindet Ilka Vogler mit bestimmten Themen. Z.B. sind die arabischen Motive rot, die Berglandschaften, die heute nicht ausgestellt sind, sind blau. Und so ist Ilka Vogler mit einem neuen Problem konfrontiert: seitdem es unmodern wurde Lackfolie als Tischdecken nutzen, ist das Farbangebot immer kleiner geworden. Wenn eine Farbe nicht mehr produziert wird, muss Ilka Vogler wieder auf die Suche gehen – nach neuen Motiven. Berglandschaften kann sie z.B. nur malen, so lange es die richtige blaue Farbe für den Hintergrund gibt.


Ilka Vogler hat mir erzählt, dass Ihr Vater ein Terrarium hatte mit exotischen Pflanzen und Tieren, die sie oft als Motiv benutzt. Unter anderem hatten sie ein Leguan, der als richtiges Haustier bei der Familie lebte und ihr aus der Hand gefressen hat. So kommen wir dann auch zum Titel dieser Ausstellung. Mit dem Leguan ist sie zwar nie wirklich Zug gefahren, aber wenn sie – was sie am liebsten tut – mit der Bahn unterwegs ist, ist er oft gedanklich mit dabei.
Ihre Inspirationen erhält Ilka Vogler nämlich häufig auf ihren Reisen. So die berühmte Berglandschaft bei Sils Maria, das wir von Nietzsche kennen, oder Motive aus Asien, aus Frankreich und vielen anderen Orten.Die Scherenschnitte, die Sie im Flur sehen, hat Ilka Vogler noch nie zuvor ausgestellt. Die Idee kam ihr vor Jahren, als sie nach der Geburt ihrer Tochter abends zu Hause saß und den Drang verspürte, künstlerisch tätig zu sein. Die Motive hat sie von dem Maler Philipp Otto Runge entliehen, sie hat sie vergrößert und auf einen ungewöhnlichen Hintergrund geklebt.

Über die Jahre hat sie die Scherenschnitte weiterentwickelt in Foto Cut-outs – als solche hat sie u.a. auch Nietzsche und Sartre bei Rauminstallationen verarbeitet.

Von diesen Philosofen holt sie sich übrigens auch immer wieder Inspirationen zu den Texten in ihren  Werken, die oft einen ironischen Touch haben.

Glas ist die neue Leidenschaft von Ilka Vogler. Unmittelbar muss man bei den Bildern an Murano Glas denken, aber auch wenn Ilka Vogler selbst Murano Glas sammelt, ist ihr der Zusammenhang anfangs gar nicht bewusst gewesen. Sie hat einfach wieder ein neues Material gesucht – und gefunden!.

Bei dem Glas – genau wie bei der Lackfolie – sieht man wieder, dass Ilka Vogler in ihrer Arbeit Widerstand braucht. Beide Materialien sind sehr schwierig zu bearbeiten, weil keine Korrekturen möglich sind – ist der Strich erst da, lässt er sich nicht überpinseln, wie man es bei einer „normalen“ Leinwand kann.

Auch hier bezieht Ilka Vogler wieder den Raum in Ihre Arbeit mit ein. Wenn man die Werke mit etwas Abstand zur Wand hängt, kommen die bunten Schatten an der Wand am besten zur Geltung. Das können Sie gut bei dem großen Glasobjekt im Büro sehen.

Vielleicht beginnen Sie dort Ihre Reise durch Ilka Voglers Welt.

Aber vorher habe ich eine Bitte an Sie: wir haben eine wichtige Aufgabe: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Produktion von Lackfolie wieder steigt, damit Ilka Vogler weiterhin Lackfolienbilder malen kann. Ich sehe da 2 Möglichkeiten: entweder müssen wir wieder anfangen das Material für unsere Gartentische zu nutzen oder – viel besser wäre natürlich – jeder von Ihnen würde ein oder mehrere Werke von Ilka Vogler kaufen – auch so würde die Nachfrage nach Lackfolie steigen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Abend in der entspannten Atmosphäre hier bei den Lohmanns, viele interessante Gespräche und vor allem ein Bild oder vielleicht sogar zwei!

Hamburg, den 27. November 2006

Charlotte Kærgaard Oldenburg