Zur Ausstellungseröffnung von Thomas Sello
„Ausstellungseröffnung“ – so nannte Howard Kanovitz 1967 seine berühmte Ikone der Popart, auf der man vor einem glatten, blauen Hintergrund die Berühmtheiten der New Yorker Galerieszene haargenau erkennt, auf fast fünf Meter breiter Leinwand, im Maßstab 1:1. Ihre Posen und Gesichtsausdrücken verraten der Getue und die Eitelkeit derer, die gesehen werden wollen. Es gibt keine Kunst zu sehen, weder an der Wand noch sonst im Raum, aber das scheint bei diesem grell ausgeleuchteten Event der Kunst-VIPs keinen zu stören. Dass Kanovitz ein Jahr später noch eine zweite Ausstellungseröffnung malte, bei die gemalten Besucher just dieses Bild an der Wand bestaunten und sich mit den Dargestellten optisch vermischten, ist noch eine andere Geschichte.
Wie anders ist es hier in unserem Speicher! Mehr oder weniger außer Atem haben wir wenigstens schon einmal die unteren Ausstellungsebene nach über 50 Stufen erklommen, und nun gilt es, sich im Gewirr von Wand und Fensterstücken, von Wand- und Bodenschmutz, von Stützpfeilern, Deckenkonstruktion und einer Schiebetür zurechtzufinden, die an der Außenwand schnurstracks in den Abgrund führt, wenn man den Lastenkran nicht zu bedienen weiß.
Wie gut, dass Ilka Vogler uns in diesem Wirrwarr von Backsteinwänden mit einer glatt gestrichenen Fläche und einer klaren Aussage begrüßt – handgeschrieben, wie wir es von ihr gewohnt sind: „Water creates energy“. Klingt gut, macht aber eigentlich keinen Sinn, oder doch? Wasser als Hinweis auf die Elbe rundum, Energy steht laut Vogler für alles, was mit Arbeit und Büros zu tun hat, und „creates“, erschaffen, ist eigentlich die Domäne der Künstler und des Schöpfers, und es ist das, was Künstler und das Wasser verbindet: Die Kreativität. Mit ihr erfindet Vogler dann auch noch allerlei Varianten: Water creates Harmony, Profundity, Clarity, Mobility, Good Vibrations. Und all diese Texte in Verbindung mit den roten und blauen, zeichenhaften Wellenlinien sind Projektvorschläge für Wandmalereien: Innenräume, z.B. Flure, Entrees, Büros; schließlich soll man sich ja bewusst machen, dass man auf dem Fluss arbeitet. Und das Ganze natürlich auf Englisch, denn in der Hafencity herrschen „Weitläufigkeit und Internationalität“, meint die Stadtmaler und -schreiberin, die ihre Ideen im Atelier hoch über den Galerien der Admiralitätsstraße ausbrütet.